Zahnfüllungen: Darf Amalgam noch verwendet werden?
Das Amalgamverbot trägt dazu bei, dass die Zahnmedizin nachhaltiger und gesünder gestaltet wird, sowohl für die Patienten als auch für die Umwelt.

Amalgam darf seit 2025 in Deutschland nicht mehr verwendet werden. Die Zahnmedizin hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte gemacht, insbesondere im Bereich der Füllungsmaterialien. Amalgam, einst das Material der Wahl für Zahnfüllungen, wurde nun verboten und wird durch moderne Alternativen ersetzt. Dieser Wandel ist das Ergebnis wachsender gesundheitlicher und umweltbezogener Bedenken sowie technologischer Innovationen, die neue, sicherere und ästhetisch ansprechendere Materialien ermöglichen. Dieser Artikel untersucht die Gründe für den Rückgang von Amalgam, stellt alternative Füllmaterialien vor und diskutiert die wirtschaftlichen und technischen Aspekte dieser Entwicklung.
Amalgam in Deutschland bisher
Bis zum Verbot im Januar 2025 war Amalgam in Deutschland ein weit verbreitetes Füllmaterial in der Zahnmedizin, insbesondere für Seitenzahnfüllungen. Trotz wachsender gesundheitlicher und umweltbezogener Bedenken sowie der Verfügbarkeit moderner Alternativen wie Komposite und Glasionomerzemente, wurde Amalgam aufgrund seiner Haltbarkeit, Kosteneffizienz und einfachen Verarbeitung weiterhin verwendet. Per BARMER-Zahnreport 2024 variierte die Nutzung jedoch erheblich zwischen den Bundesländern:
Während in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen der Anteil der Amalgamfüllungen bei etwa 1-2 % lag, waren es in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern bis zu 11 %.
Bundesweit sank der Anteil der Patienten, die Amalgamfüllungen erhielten, von 4,6 % im Jahr 2021 auf 3,5 % im Jahr 2023, was eine relative Abnahme von etwa 25 % darstellt. Dennoch rechneten 2023 noch knapp 20 % der Zahnarztpraxen mindestens eine Amalgamfüllung ab, wobei der Anteil in Mecklenburg-Vorpommern mit fast 50 % am höchsten war.
Die Geschichte von Amalgam als Zahnfüllung
Ursprünglich in China verwendet, fand Amalgam im frühen 19. Jahrhundert seinen Weg nach Europa und Nordamerika, wo es schnell zum bevorzugten Material für Zahnfüllungen wurde.
Die Einführung von Amalgam revolutionierte die Zahnheilkunde, da es im Vergleich zu den damals verwendeten Materialien wie Gold und Zinn deutlich kostengünstiger und einfacher zu verarbeiten war. Seine Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Kaubelastungen machten es zu einer idealen Wahl für die Behandlung von Karies.
Trotz seiner Vorteile war die Verwendung von Amalgam nicht unumstritten. Bereits kurz nach seiner Einführung gab es Bedenken hinsichtlich der toxischen Wirkungen von Quecksilber. Diese Bedenken führten zu kontroversen Diskussionen und gelegentlichen Verboten, insbesondere in den USA im späten 19. Jahrhundert. Dennoch setzte sich Amalgam aufgrund seiner Effizienz und Kosteneffektivität durch und blieb über ein Jahrhundert lang das Standardmaterial für Zahnfüllungen.
Gesundheitliche Bedenken - ist Amalgam schädlich?
Quecksilber, ein Hauptbestandteil von Amalgam, ist ein bekanntes Neurotoxin. Obwohl die Freisetzung von Quecksilberdampf aus Amalgamfüllungen gering ist, gibt es Bedenken hinsichtlich der langfristigen Exposition. Studien haben gezeigt, dass Quecksilber im menschlichen Körper akkumulieren kann, was zu gesundheitlichen Problemen führen könnte (WHO, 2017). Diese Bedenken haben viele Länder dazu veranlasst, den Einsatz von Amalgam zu überdenken.
Umweltbelastungen durch Amalgam
Die Verwendung von Amalgam in der Zahnmedizin wirft nicht nur gesundheitliche, sondern auch erhebliche ökologische Probleme auf. Quecksilber, ein Hauptbestandteil von Amalgam, kann durch zahnärztliche Abfälle in die Umwelt gelangen und dort schwerwiegende Schäden verursachen. Diese Umweltbelastungen betreffen sowohl aquatische Ökosysteme als auch terrestrische Lebensräume.
Eintrittspfade von Quecksilber in die Umwelt
- Zahnärztliche Abfälle: Alte Amalgamfüllungen und überschüssiges Material aus zahnärztlichen Praxen können in den Hausmüll gelangen und schließlich in Deponien oder Verbrennungsanlagen landen. Dort kann Quecksilber in die Luft, den Boden oder das Wasser freigesetzt werden.
- Abwasser: Bei der Entfernung oder Bearbeitung von Amalgamfüllungen kann quecksilberhaltiges Abwasser entstehen, das in die Kanalisation gelangt. Viele Kläranlagen sind nicht darauf ausgelegt, Quecksilber vollständig zu entfernen, sodass es in Flüsse und Seen gelangen kann.
- Krematorien: Bei der Einäscherung von Verstorbenen mit Amalgamfüllungen kann Quecksilber in die Atmosphäre freigesetzt werden. Dies trägt zur Luftverschmutzung bei und kann sich nachteilig auf die menschliche Gesundheit auswirken.
Auswirkungen auf die Umwelt
Quecksilber ist ein hochgiftiges Schwermetall, das sich in der Nahrungskette anreichern kann. Es wird von Wasserorganismen aufgenommen und gelangt so in Fische und andere Meeresfrüchte, die schließlich von Menschen verzehrt werden. Diese Bioakkumulation führt zu erhöhten Quecksilberkonzentrationen in größeren Raubfischen, was gesundheitliche Risiken für den Menschen birgt, insbesondere für Schwangere und Kinder.
Maßnahmen zur Reduzierung der Umweltbelastung
Um die Umweltbelastung durch Quecksilber zu reduzieren, setzen sich Umweltorganisationen seit langem für ein Verbot von Amalgam oder zumindest für eine strenge Regulierung seines Einsatzes ein (UNEP, 2013). Das Minamata-Übereinkommen, ein internationales Abkommen zur Reduzierung der Quecksilberemissionen, fördert den Übergang zu quecksilberfreien Alternativen in der Zahnmedizin. Zahnärzte werden ermutigt, Amalgamabfälle sicher zu entsorgen und umweltfreundlichere Materialien zu verwenden.
Alternative Füllmaterialien: Komposite und Glasionomerzemente
Der Rückgang von Amalgam hat die Entwicklung und Nutzung alternativer Füllmaterialien vorangetrieben.
Selbstadhäsive Materialien und Bulk-Fill-Komposite sind innovative Entwicklungen in der Zahnmedizin, die die Effizienz und Qualität von Füllungen verbessern.
Selbstadhäsive Materialien sind so konzipiert, dass sie ohne separate Haftvermittler direkt auf die Zahnstruktur aufgetragen werden können, was die Behandlungszeit verkürzt und die Fehleranfälligkeit reduziert. Bulk-Fill-Komposite hingegen ermöglichen das Auffüllen von Kavitäten in größeren Schichten, was die Anzahl der erforderlichen Schichten und damit die Behandlungsdauer verringert. Diese Materialien bieten eine gute Haltbarkeit und Ästhetik, wodurch sie sich als wertvolle Alternativen zu traditionellen Füllmaterialien wie Amalgam etabliert haben.
Zu den wichtigsten Alternativen gehören Komposite und Glasionomerzemente.
Komposite Zahnfüllungen
Komposite sind eine Mischung aus Kunststoff und Glas- oder Keramikpartikeln. Sie bieten mehrere Vorteile gegenüber Amalgam:
- Ästhetik: Komposite können farblich an die natürlichen Zähne angepasst werden, was sie zu einer ästhetisch ansprechenderen Lösung macht.
- Haltbarkeit: Moderne Komposite sind langlebig und widerstandsfähig gegenüber Kaubelastungen.
- Minimalinvasiv: Komposite erfordern weniger Zahnsubstanzabtrag, was die Zahnstruktur besser erhält.
Allerdings sind Komposite in der Regel teurer als Amalgam und erfordern eine sorgfältigere Platzierungstechnik, um eine optimale Haltbarkeit zu gewährleisten.
Glasionomerzemente Zahnfüllungen
Glasionomerzemente sind eine Kombination aus Glas und Polyacrylsäure. Sie bieten folgende Vorteile:
- Fluoridfreisetzung: Glasionomerzemente setzen Fluorid frei, was zur Kariesprävention beiträgt.
- Adhäsion: Sie haften direkt am Zahnschmelz und -dentin, was die Platzierung erleichtert.
- Biokompatibilität: Sie sind biokompatibel und werden gut vom Zahngewebe vertragen.
Glasionomerzemente sind jedoch weniger haltbar als Komposite und Amalgam und eignen sich daher eher für kleinere Füllungen oder temporäre Anwendungen.
Keine Mehrkosten: Amalgamfreie Zahnfüllungen für gesetzlich Versicherte
Mit dem Verbot wird die Notwendigkeit einer klaren Regelung zur Kostenübernahme alternativer Füllmaterialien deutlich. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband haben eine Regelung erarbeitet, die den Versicherten einen gesetzlichen Anspruch auf eine zuzahlungsfreie Versorgung ohne Amalgam gewährt (GKV, 2024). Dies stellt sicher, dass Patientinnen und Patienten Zugang zu qualitativ hochwertigen und sicheren Alternativen wie Kompositen und Glasionomerzementen haben, ohne zusätzliche Kosten tragen zu müssen.
Technische Herausforderungen und Lösungen
Die Anwendung alternativer Füllmaterialien bringt technische Herausforderungen mit sich, die jedoch durch moderne Technologien und Techniken bewältigt werden können.
Anwendungstechniken
Komposite erfordern eine sorgfältige Platzierungstechnik, um eine optimale Haftung und Haltbarkeit zu gewährleisten. Dies umfasst die Verwendung von Ätzmitteln und Haftvermittlern, die eine starke Bindung zwischen dem Komposit und der Zahnstruktur ermöglichen.
Glasionomerzemente hingegen sind einfacher zu platzieren, da sie direkt am Zahn haften. Allerdings erfordern sie eine präzise Mischung und Anwendung, um eine optimale Haltbarkeit zu gewährleisten.
Haltbarkeit und Langlebigkeit
Die Haltbarkeit von Füllmaterialien ist ein entscheidender Faktor für die Materialwahl. Studien haben gezeigt, dass moderne Komposite eine ähnliche Langlebigkeit wie Amalgam aufweisen können, wenn sie korrekt platziert werden (2012, 2023). Glasionomerzemente sind weniger haltbar, bieten jedoch andere Vorteile wie die Fluoridfreisetzung.
Patientenperspektive
Die Wahl des Füllmaterials beeinflusst auch die Patientenzufriedenheit. Viele Patienten bevorzugen ästhetisch ansprechende Füllungen, die farblich an ihre natürlichen Zähne angepasst sind. Zudem legen Patienten zunehmend Wert auf umweltfreundliche und gesundheitlich unbedenkliche Materialien.
Fazit zum Amalgamverbot in Deutschland
Das Verbot von Amalgam in der Zahnmedizin ist das Ergebnis gesundheitlicher und umweltbezogener Bedenken sowie technologischer Fortschritte. Alternative Füllmaterialien wie Komposite und Glasionomerzemente bieten zahlreiche Vorteile, die sowohl für Zahnärzte als auch für Patienten von Bedeutung sind. Insgesamt trägt das Amalgamverbot dazu bei, die Zahnmedizin nachhaltiger und gesünder zu gestalten, sowohl für die Patienten als auch für die Umwelt.
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- BARMER Zahnreport 2024 URL öffnen (aufgerufen am 11.03.2025)
- World Health Organisation "Mercury" URL öffnen (aufgerufen am 11.03.2025)
- UNEP Mercury: Time to act URL öffnen (aufgerufen am 11.03.2025)
- GKV Pressemitteilung "Trotz Amalgam-Verbot ab 1. Januar 2025: Gemeinsame Selbstverwaltung sorgt für Erhalt einer umfassenden GKV-Versorgung" URL öffnen (aufgerufen am 11.03.2025)
- Longevity of posterior composite restorations URL öffnen (aufgerufen am 11.03.2025)
- Clinical longevity of extensive direct resin composite restorations after amalgam replacement with a mean follow-up of 15 years URL öffnen (aufgerufen am 11.03.2025)
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